Was ist Jüdisches Filmerbe?
Filmerbe wird zum allergrößten Teil von Institutionen erhalten und gepflegt, deren Sammlungsauftrag dem Konzept eines Nationalkinos folgt oder lange gefolgt ist. In den letzten 25 Jahren war die zentrale Herausforderung dabei die digitale Transformation der Filmkultur und die konservatorischen, rechtlichen und ästhetischen Problemen der Digitalisierung sowie deren begrenzten technischen und finanziellen Ressourcen. Während es dabei immer wieder zu Wiederentdeckungen und Neubewertungen einzelner Werke, größerer Bestände und zum Teil ganzer Gattungen außerhalb des Kanons kommt, so werden dabei doch Teile der Filmgeschichte auch wieder vergessen oder sogar aufgegeben.
Jüdisches Kulturerbe umfasst, was von der langen Geschichte des Judentums in Europa geblieben ist. Die Zäsur der Shoah als Vernichtung jüdischen Lebens, die mit der Zerstörung seiner Zentren in Europa einherging, hatte auch zur Folge, dass jüdisches Kulturerbe oftmals von nichtjüdischen Akteuren und Institutionen gepflegt wurde und wird. Es ist immer wieder zu einer politischen Ressource geworden, die in einem problematischen Verhältnis zu den jüdischen Kulturen der Nachkriegsgeschichte und Gegenwart steht.
Filme werden praktisch nie als Teil von Jüdischem Kulturerbe berücksichtigt und es gibt keine Filmerbe-Institution, die sich explizit dem Jüdischem Kulturerbe verpflichtet. Für die Distanz dieser beiden Erbe-Diskurse gibt es eine Vielzahl von pragmatischen, historischen und politischen Gründen. Jüdisches Filmerbe existiert also nicht als kanonisierter Bestand, sondern lediglich in Form von unterschiedlichen Schnittstellen, die sich zwischen zwei zunächst getrennten Konzepten von kulturellem Erbe und den damit zusammenhängenden Diskursen, Institutionen und Beständen ergeben.
Ausgehend von solchen Trennungen und Schnittstellen ist das Ziel dieses Projekts zu erkunden, was Jüdisches Filmerbe ist und sein kann.